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Pfingstsamstag, 27. Mai 2023
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FRÜHLINGSFEST UND
ROLLETERIA-PREMIÈRE
Es war Januar, kalt und nass, als die Nachricht von Daria in unsere Mailbox flatterte: Sie wolle ihr Crêpes-Projekt weiter ausbauen und steige deshalb vom Veloanhänger auf ein Tuktuk um. Nun suche sie sowohl einen Abstellplatz für die Tuktuk-Rolleteria wie auch Standorte, wo sie Gäste mit Crêpes und Galettes verwöhnen könne. Und zu guter Letzt die Frage: «Gäbe es ev. Möglichkeiten auf dem Schlachthof?»
Wir mussten nicht lange überlegen: Parkplätze gibt es auf dem Schlachthofareal bekanntlich mehr als genug – und ein Fahrzeug, das der Kreation von kulinarischen Köstlichkeiten dient, erfüllt alle Anforderungen für einen Kulturparkplatz. Uns war schnell klar: Darias Rolleteria und der Schlachthof, das könnte – nein, muss(!) eine Liebesgeschichte werden.
Nur wenige Tage später treffen wir uns anlässlich des Food Save Markets auf dem Areal. Es ist immer noch kalt und nass, der Schlachthof präsentiert sich nicht von seiner besten Seite. Doch das Markttreiben mit Gemüse, Feuerküche und dem stimmungsvollen Mittagskonzert von Stude und Ste Phany verzaubern den kalten, mit Lieferwagen überstellten Innenhof für Momente in den gastlichen, inspirierenden Ort, wie wir ihn uns erträumen.
Im Gespräch spinnen wir den Faden weiter. Bald steht fest: Die Tuktuk-Rolleteria ist nicht nur mehr als willkommen auf dem Schlachthof – auch Daria will das Abenteuer wagen. «Der Schlachthof ist ein Superort, und die Vision vom Kultur- und Begegnungszentrum passt zu meinen Ideen», sagt sie zu ihrem Entscheid.
Angefangen hat die Rolleteria-Geschichte während der Coronazeit, als alle Konzerte und Auftritte sistiert waren. Daria, die «Schwester» der fünfköpfigen Band Hermanos Perdidos, konnte ihr Akkordeon und das Saxophon nur noch daheim, für sich selber spielen – die Menschen, das Publikum, anderen Freude bereiten und dabei soviel zurückbekommen, all das fehlte ihr. «Ich musste etwas machen, deshalb habe ich den Anhänger gebastelt», erzählt sie.
Die mobile Crêpeküche startete auf dem Platz neben der Epicerie in Biel. Bei gutem Wetter entwickelte sie sich bald zu einem beliebten Treffpunkt – nicht zuletzt, weil sonst alles geschlossen war.
Statt mit ihrer Musik, bereitete Daria nun mit ihren köstlichen und liebevoll angerichteten Crêpes Freude. Nach dem gelungen Start ist sie dabei geblieben, auch als der Musikbetrieb wieder in Fahrt gekommen ist. Die Rolleteria ist heute, nebst der Musik, ihr zweites Standbein. Den Job im Commerce hat sie mittlerweile aufgegeben, weil sie sich ganz ihren beiden Herzensprojekten widmen will: «So habe ich mehr Energie für die Musik und die Crêpes – selbstständig, mein eigenes Projekt zu haben gibt mir mehr – auch wenn es Geduld braucht, ein Geschäft aufzubauen.»
Und wie bei der Musik, gehen auch beim Crêpes-Backen die Lust am Schönen und Guten mit Darias politischem Engagement Hand in Hand: «Ich verwerte nur ökologisch angebaute, saisonale Zutaten aus der Region.»
Einen ersten Testlauf mit der Rolleteria auf dem Schlachthof hat Daria schon erfolgreich absolviert: Anlässlich der Vernissage zur Ausstellung «Vom Nutztier zum Lebewesen» hat sie – passend zum Thema – die Gäste mit veganen Crêpes verwöhnt. Noch auf dem Veloanhänger zubereitet – die Tuktuk-Rolleteria wird erst am 27. Mai in Betrieb genommen…
Der Rest ist schnell zusammengefasst: Zur Einweihung der Tuktuk-Rolleteria haben die Hermanos Perdidos – Daria und ihre musikalischen Brüder – für Pfingstsamstag, 27. Mai, ein rauschendes Frühlingsfest auf die Beine gestellt.
Nebst den Crêpes und weiteren kulinarischen Köstlichkeiten glänzt das Programm auch mit einer Reihe musikalischer Leckerbissen:
- Den Auftakt macht ab 15 Uhr der Pianist, Improvisationskünstler und Performer Nicolas Engel mit Klavierklängen auf der Bühne im Innenhof.
- Um 16 Uhr folgt mit Gipsy-Jazz-Klängen ein Duo des Gadjo Divo Kollektivs aus Dijon.
- Die Irish Band Kelpy verführt das Publikum ab 17 Uhr mit Klanggeschichten, die zum Träumen und Tanzen einladen.
- Ein besonderes Highlight folgt um 18 Uhr mit der Musik-, Tanz- und Literaturperformance EchoEcho – eine Weltpremiere, in der Chris und seine Freund:innen verschiedene Kunstformen miteinander verweben.
- Cello Inferno, die One Man Strassenband mit Feuer und Rauschebart sorgt ab 19 Uhr für ein mitreissendes Spektakel.
- Um 20 Uhr und nach dem letzten Konzert gibt es im Raum 1 zudem DJ-Klänge Sound aus dem Burgund – und zwischen den Acts sorgt DJ Jekos für Cumbia und Reggaeklänge.
- Den Schluss- und Höhepunkt der Konzerte im Innenhof setzen Hermanos Perdidos ab 21 Uhr.
Wie immer auf dem Schlachthof, ist der Eintritt frei – es gibt eine Hutkollekte für die Künstler:innen, die aus Nah und Fern der Einladung von Hermanos Perdidos gefolgt sind. – DANKE
Freitag, 12. Mai 2023, 20 Uhr, im Raum 1
METROPOLEN IN BEWEGUNG
(WIE GELINGT DIE VERKEHRSWENDE?)
Dokumentarfilm von Johan von Mirbach, 2022
Ein köstlicher Eintopf aus Alines Feuerküche und ein exquisites Kuchenbuffet laden ab 19.30 Uhr zum gemeinsamen Einstimmen und Geniessen...Um 20.00 Uhr heisst es dann:
FILM AB!
Eintritt frei – Kollekte
April/Mai 2023
26. April – 23. Mai
AUSSTELLUNG :
VOM NUTZTIER ZUM LEBEWESEN
Öffnungszeiten :
Dienstag, 15:30 - 19:30
Donnerstag, 15:30 - 19:00
Finissage : Dienstag, 23. Mai ab 16.30
Bilder © Missi Superpeng und Klaus Petrus
Unter dem Motto «Perspektivenwechsel – für eine lebensfreundlichere Welt» laden in den kommenden Monaten Künstlerinnen und Künstler mit ihren Visionen und Werken zum Weiterdenken und Weiterspinnen ein. Den Auftakt machen der Bieler Fotojournalist Klaus Petrus und die Künstlerin Missi Superpeng mit aufwühlenden Bildern aus gegensätzlichen Tierwelten.
Die ehemalige Schlachthofkantine – bekannter unter dem Namen Raum 1 – etabliert sich langsam aber sicher zum angesagten Ausstellungsraum. Bereits in der Vergangenheit lockten verschiedene Kunst- und Werkshows Besucher:innen aus nah und fern. Mit Missi Superpeng ist nun eine Kuratorin zur IG Schlachthof Kulturzentrum gestossen, die mit viel Leidenschaft, Engagement und Know-how für regelmässige Ausstellungen und Kontinuität sorgt. Den Anfang macht eine Ausstellungsreihe, die Künstlerinnen und Künstler zum «Perspektivenwechsel für eine lebensfreundlichere Welt» einlädt.
«Die Idee für den Perspektivenwechsel kam mir gleich beim ersten Kontakt mit der IG», erinnert sich Missi. «Der Schlachthof ist ein Ort, an dem viele Menschen und ihre Geschichten aufeinandertreffen: Die unterschiedlichen Mieterinnen und Mieter von Lagerräumen und Ateliers, Künstler:innen, Gemüsehändler:innen, Menschen mit Suchtproblemen, die Stadt... und nicht zuletzt die Erinnerung an die Tiere, die hier ihres Lebens beraubt wurden.» An einem Ort, wo so viele verschiedene Perspektiven aufeinanderprallen wie auf dem Bieler Schlachthof, seien Partizipation und wieder aufeinander hören lernen besonders gefragt, spinnt die vielseitig engagierte ausgebildete Steinbildhauerin, Kommunikationsdesignerin, Yoga- und Meditationslehrerin Missi den Faden weiter: «Ich möchte das Verbindende finden und dem Raum geben, anstatt das Trennende zu kultivieren.»
Auftakt mit Klaus Petrus
Der erste Perspektivenwechsel ist – passend zum ehemaligen Schlachthof – den Tieren gewidmet: Die einen erleiden ihr Leben in der Massentierhaltung, andere haben mehr Glück – jene etwa, die auf dem Lebenshof Hof Narr im zürcherischen Hinteregg gehegt und gepflegt werden. Missi Superpeng stellt in ihrer ersten Ausstellung diese beiden gegensätzlichen Welten einander gegenüber:
In den düsteren schwarz-weiss Bildern von Klaus Petrus geht es um das Tierleid in der Massentierhaltung. Der Bieler Fotojournalist und Reporter dokumentiert seit Jahren das Leben von Menschen und Tieren, die in unserer Gesellschaft an den Rand gedrängt oder gar vergessen werden. Mit seinen eindrücklichen Fotos aus Betrieben, wo Tiere einzig für die Fleisch- und Milchproduktion genutzt werden, gibt er Einblicke in Realitäten, die wir allzu gerne verdrängen.
Den verstörenden Fotos von Klaus Petrus stellt Missi Superpeng ihre eigenen Bilder vom Lebenshof in Hinteregg gegenüber. Seit Jahren dokumentiert sie dort mit ihrer Kamera, was es bedeutet, wenn Tiere als Mit-Lebewesen respektiert und gepflegt werden. Die Farbfotos zeigen einen völlig anderen Umgang mit Tieren und schaffen so einen spannungsvollen Kontrast.
Die Absicht liegt auf der Hand: Sowohl Klaus Petrus wie Missi Superpeng wollen mit ihren Bildern die Besucherinnen und Besucher anregen, ihr Verhältnis zu nicht menschlichen Lebewesen zu überdenken, einen Blick hinter die bunten Werbebilder zu riskieren und eingefleischte Traditionen zu hinterfragen.
Weitere Perspektiven gesucht!
Auf diesen ersten Perspektivenwechsel im Raum 1 werden weitere folgen. Die nächste Ausstellung in dieser Reihe ist für Juni geplant. Einiges ist bereits in der Pipeline, gleichzeitig sucht Missi nach weiteren Künstler:innen aus der Region und der ganzen Schweiz, die ihre Visionen und Werke zeigen möchten: Der Raum 1 steht allen offen, die ihn bespielen wollen, um ihre Perspektiven sicht- und erlebbar zu machen.
Die Ausstellungsreihe ist gedacht als Verführung, Sichtweisen zu erforschen, die im engsten wie im weitesten Sinn mit diesem Ort zu tun haben. Die Einladung zum Perspektivenwechsel geht gleichermassen an Künstlerinnen und Künstler wie ans Publikum. Es geht darum, mit allen Mitteln der Kunst, mit allen Sinnen, Fragen aufzuwerfen, Perspektiven einander gegenüberzustellen und Diskurse anzuregen. Sehbar, hörbar, spür-, schmeck- und riechbar – erfahrbar. Wer Lust hat, seine Reflexionen, Perspektiven oder Werke in den kommenden Monaten im Raum 1 zu präsentieren, soll sich bitte melden! Missi freut sich, zusammen mit euch die Ausstellung zu gestalten! missi@schlachthof-kulturzentrum.ch
Vorschau Februar 2023:
SCHLACHTHOF 2023
Noch weht eine eisige Bise über den Hof. Doch schon bald geht es wieder los, mit den Begegnungen und Veranstaltungen auf dem Schlachthofareal... Im Moment kreieren und gestalten wir das Frühjahrs- und Sommerprogramm 2023 – da kommt einiges zusammen! Dank einer Vielzahl engagierter Künstler:innen, Köch:innen, Baristas, Veranstalter:innen, Gemüseproduzent:innen... und ja, weitere Beiträge und Engagements sind immer willkommen!
Das Programm ist gerade noch work in progress – soviel sei aber schon mal verraten: Am 28. März gibt es im Raum 1 eine spannende Veranstaltung die sich Politinteressierte nicht entgehen lassen sollten: Der Autor Atanasio Bugliari Goggia stellt sein neustes Buch «Rosso Banlieue» vor über den Klassenkampf in den französischen Vorstädten – und lädt zur Diskussion über die Rolle engagierter Aktivist:innen in unseren Städten... Schon bald nach Ostern geht es dann weiter mit dem ersten Kunstevent in diesem Jahr: Zwar muss die geplante Ausstellung mit dem Burgdorfer Recyclingkünstler Kurt Meister vorerst verschoben werden, dafür freuen wir uns auf die Première unserer neuen Kuratorin Missi! Soviel sei schon verraten: Der Arbeitstitel für die kommenden Ausstellungen lautet «Perspektivenwechsel» – ein Aspekt ist etwa die Betrachtung des ehemaligen Schlachthofs aus der Perspektive von Tieren... Weitere Infos gibt es in Bälde auf diesem Kanal.
Im April feiert zudem TerreVision seine einjährige Präsenz im Raum 1 und Innenhof: Woche für Woche holen die Abonnent:innen ihren Gemüsekorb ab und treffen sich dabei auf einen kurzen Schwatz mit Freund:innen.
Ab dem 29. März gibt es zudem immer am letzten Mittwoch im Monat einen Food Save Markt – mit kulinarischen und musikalischen Beilagen. Damit noch mehr Menschen von diesem einmaligen Angebot profitieren können, wurde das Zeitfenster vom Mittag auf den späten Nachmittag/frühen Abend verlegt. Ein weiteres Datum, das ihr unbedingt schon heute reservieren solltet: Am Samstag 27. Mai gibt es ein grosses Frühlingsfest! Unter anderem mit Musik, Barbetrieb und feinen Crêpes von Darias Rolleteria.
Diese wird übrigens – soviel sei schon mal verraten – den ganzen Sommer über auf dem Schlachthof stationiert sein und die Schlachthof-Besucher:innen mit kulinarischen Köstlichkeiten verwöhnen! Und für alle, die nicht warten wollen, und denen es im Moment auf dem Schlachthof noch zu kalt ist: Die Ausstellung «Fleisch für Biel» im Neuen Museum Biel wurde bis im Oktober verlängert! Der Muni lässt ausrichten, dass es ihm – trotz Sehnsucht nach dem Schlachthofareal – weiterhin sehr gut gefalle, und er sich über jeden Besucher, jede Besucherin freue...
25. Januar 2023
FOOD SAVE MARKET ZUM ZWEITEN
Nach dem Erfolg des ersten Food Save Markets im letzten Dezember, haben die Organisator:innen am Mittwoch, 25. Januar ein zweites Mal auf den Schlachthof eingeladen. Mit einem tollen Angebot, von Randen über Kürbis, Süss- und andere Kartoffeln, Zwiebeln, Knoblauch, Lauch, Äpfel.... Alles beste Ware aus der Region, Bio und saisongerecht. Doch der Food Save Market ist viel mehr als bloss ein Ort, wo man günstig gutes Gemüse und Obst erwerben kann. Hier trifft man sich, auf einen Schwatz mit Kaffee und Kuchen, man sammelt Unterschriften, plaudert, lernt neue Menschen kennen, hört Musik, heckt neue Projekte aus...
Höhepunkte waren an diesem nebligen Mittwoch das stimmige Mittagskonzert von Stude und Ste Phanie, die die Anwesenden mit ihrer Musik für Augenblicke entführten und beglückten – und natürlich der Seele und Magen wärmende Feuereintopf aus der Küche der Waldmeisterin, der ebenfalls zum Geniessen und Verweilen verführte...
7. Dezember 2022
DIE KARTOFFELN AUS DEM FEUER HOLEN
FOOD SAFE MARKET AUF DEM SCHLACHTHOF:
Rückblick auf eine tolle Aktion – und Ausblick auf die nächste...
Text: Mathias Stalder * Bilder: Enrique Muñoz García
Eine kleine Geschichte der Lebensmittelrettung. Ueli Gassner ist Biobauer in Ipsach, führt den Hof nach den Regeln der regenerativen Landwirtschaft, Elementen der Permakultur und Agroforesting. Sein Hof ist der letzte in der Gemeinde Ipsach, der noch in Betriebg ist, denn Landwirtschaft lohnt sich vielerorts aufgrund des immensen Preisdruckes leider nicht mehr. Umso schmerzhafter, wenn man auf rund 800 kg Kartoffeln sitzen bleibt, wie dies bei Ueli Gassner diesen Herbst der Fall war. Mit einer Mail kontaktierte er unsere Plattform «Stadt ernähren» und bot uns seine Biokartoffeln zu einem unverschämt günstigen Preis an – für 20 Rappen das Kilo.
Faire Preise sind kein Luxus!
Landwirtschaft ist mehr wert, sagten wir uns und haben den Preis erhöht, wobei wir uns an den Richtpreisen der Bioorganisationen orientierten. Im Gegensatz zu vielen anderen Food Save Aktionen wollen wir keine Dumpingpreise anbieten, weil dies die Negativspirale bei den Preisen zusätzlich befeuert. Katharina Schatton, Gewerkschaftssekretärin bei der bäuerlichen Organisation Uniterre, unterstrich dies gegenüber den Medien anlässlich der Eröffnung des ersten Food Save Marktes im Bieler Schlachthof am 7. Dezember 2022:
«Die Produkte sollen möglichst billig und gleichförmig sein. Die Ansprüche, die die Grossverteiler heute an landwirtschaftliche Produkte stellen, sind absurd und bringen den Konsumierenden genauso wenig wie den Bäuerinnen und Bauern selbst.» Nach der Mail von Ueli Gassner lancierten wir kurzerhand den Food Save Market und boten auf unserer Online-Plattform die Möglichkeit, die Kartoffeln vorzubestellen und auch für Armutsbetroffene zu spenden. Die Ware konnte dann am 7. Dezember auf dem Schlachthof abgeholt werden.
Das Angebot wurde rege genutzt… Schliesslich konnten wir rund 650 kg Kartoffeln verkaufen und rund 250 kg Kartoffeln dem Verein Carton du Coeur spenden. Die Leiterin Chantal Dutoit bedankte sich mit den Worten: «Kartoffeln gehören zu den Grundnahrungsmitteln, die wir kostenlos an unsere Empfänger*innen liefern. Zurzeit erhalten wir viele Hilfsgesuche und unser Lieferplan ist jeden Tag voll, sodass wir eure Spende in den nächsten Wochen sehr gut gebrauchen können.»
Auch die Gassenküche wurde berücksichtigt, und zwar mit einem vielfältigen Sortiment: Nebst den Kartoffeln boten wir schliesslich rund 15 verschiedene Gemüse und Früchte von vier regionalen Produzent*innen an, darunter das Farngut und der Eichhof.
Der Verein Robin Food, der sich seit langem für die Lebensmittelrettung in Biel einsetzt, servierte an seinem Stand zur Freude der Kund*innen Café, Ingwer-Tee und Pommes Frites. Die Wildkräuterköchin Aline Burren kochte einen schmackhaften Eintopf. Mit rund 80 Besucher*innen und vielen schönen Begegnungen war die «Rettungsaktion» ein voller Erfolg.
Mit dem Food Save Market eröffnen wir eine zusätzliche Vermarktungsmöglichkeit für die regionale Landwirtschaft und schaffen die notwendige Sensibilisierung zur Food Waste Problematik: Rund ein Drittel aller Lebensmittel geht auf dem Weg vom Feld auf den Teller verloren oder wird verschwendet. Das darf nicht sein!
*Mathias Stalder ist Koordinator des Netzwerkes Stadt ernähren/Nourrir la ville und Mitgründer der Foodcoop Biel-Bienne.
November 2022
WASSER IM ADVENT
Zum Auftakt guckte der Mond noch zwischen den Wolken auf das Schlachthofareal hinunter. Doch bald hat er sich zufrieden verzogen: Als das wärmende Feuer hell loderte, der Glühwein bereitgestellt und die schmucken Bühnenlampen die Szene in bestes Licht tauchten, konnte nicht einmal der feine Nieselregen die Stimmung verderben. Schliesslich spielten ja Wasser...
Es war ihr zweites Konzert auf dem Schlachthof, nach ihrem vielbeklatschten Auftritt am Jubiläumsfest im September. Mit ihrem Advents-Wunschkonzert lässt das Duo Wasser das Schlachthofareal in den besten Tönen erklingen. Gerne mal etwas schräg, immer hintersinnig und aus dem Leben gegriffen. Dazu wärmt der Glühwein Hände und Kehle... Besseres dürfte der Advent in Biel kaum zu bieten haben...Musikalische Kostprobe hier: https://youtu.be/6OLwudJBrkI
November 2022:
RENDEZ-VOUS MIT DEM SCHLACHTHOFVERWALTER
Am Samstag, 12. November lud das Neue Museum Biel NMB zum Ortstermin auf den Schlachthof. Robert Wyss, von 1985 bis 1992 der letzte Schlachthofverwalter in Biel, führte die Gäste über «seinen» Schlachthof und wusste manch spannendes Detail zu erzählen.
Unterstützt wurde er dabei von Jean-Louis Burkhardt, der von 1968 bis zur Einstellung des Schlachtbetriebs am 27. Oktober 1992 als Metzger auf dem Schlachthof arbeitete. Auch Kurt Luginbühl, der den Schlachthof ebenfalls wie seine Westentasche kennt, wusste auch noch das eine oder andere Detail zu ergänzen. Er brachte sogar den Schlüssel zum ehemaligen Kühlraum mit – ein Raum, der sogar der IG bisher verschlossen blieb. Besonders spannend: Ein Teil der alten Installationen sind noch vorhanden – zudem wurde eine Kühlbox eingebaut, wo auch heute noch ein Metzger seine Fleischwaren lagert.
Die Führung stiess auf reges Interesse – zum Abschluss gab es im Cave des Gourmets noch einen Apéro und weitere Diskussionen um die Vergangenheit und Zukunft des Schlachthofareals.
September 2022:
FULL HOUSE
IM SCHLACHTHOF OPENAIR-KINO
Die Geschichte zum Burger & Jacobi Film - hier zum Nachlesen
30 JAHRE SCHLACHTFREI!

Das Jubiläumsfest auf dem Schlachthof war ein voller Erfolg! – Nach 30 Jahren erwacht das Areal zu neuem Leben – und ist auf dem Weg zum neuen Kultur- und Begegnungszentrum...
Und wiederum zeigte sich, was für eine fantastische Ambiance auf dem Schlachthof möglich ist. Dazu braucht es gar nicht viel: Auf Parkplätzen statt Autos eine Bühne aufstellen, Bars – kulinarische Köstlichkeiten im Freien gekocht – und als es dämmerte, hat Walter das ganze Areal in zauberhaftes Licht getaucht...
Am Freitagabend stimmten die Rapper von Parentz Bnc, die ihr Studio seit Jahren auf dem Schlachthof haben, mit einer tollen Performance in den Abend ein. Gefolgt von einer romantisch-atemberaubenden Vorstellung der Akrobat:innen vom Circus Donkey Productions – vor einer einmaligen Kulisse. Um 21 Uhr dann der grosse Auftritt von Studeyeah, die vor vier Jahren mit dem Song «Westast - so nicht!» dazu beigetragen haben, dass 2022 auf dem Schlachthof überhaupt ein Jubiläumsfest stattfinden konnte: Wäre der Westast gebaut worden, hätten die altehrwürdigen Gebäude der Autobahn weichen müssen... Am Freitag spielte die Band ihr neues Programm – nicht minder aktuell als vor vier Jahren – packend und mitreissend...
Am Samstag ging es dann schon am frühen Nachmittag los. Bald wehte ein köstlicher Duft übers Areal: Acht international zusammengesetzte Teams von Friendly Kitchen kochten unter freiem Himmel köstliche Mahlzeiten aus aller Welt. Es gab Spezialitäten aus Peru, Tibet, Indonesien, der Ukraine, der Schweiz... ganz ohne Fleisch: Zum Jubiläum «30 Jahre schlachtfrei» lautete das Motto: Vegetarisch oder vegan. Ab 17 Uhr luden die Köch:innen dann zu Tisch – ein Hochgenuss!
Wo während der Woche Occasionautos verschoben werden und Lieferwagen ein- und ausfahren, gab es am Samstag zudem viel Platz für grosse und kleine Kinder: Grossen Anklang fanden die Riesenseifenblasen sowie diverse Spiele, die Schminkecke – und in einem einladenden Zelt packende Geschichten von der Märchenerzählerin, die ihr dickes Geschichtenbuch mitgebracht hatte. So bunt und vielfältig kann das Treiben sein, auf diesem einmaligen Areal...
Am Abend folgten dann wiederum musikalische Leckerbissen: Eine wahre Entdeckung war das Duo Wasser mit seinen satirisch-hintergründigen Songs - gleich vor dem ehemaligen Schlachthaus-Eingang, der sich am Samstag als einladende Kleinkunstecke präsentierte. Weiter ging es dann mit Roy and the Devil's Motorcycle auf der «Hauptbühne» – erneut: Tolle Musik in toller Atmosphäre. Nach 22 Uhr ging es dann in Raum No 1 weiter – mit den «Schlachthof-Rappern» Parentz Bnc und als abschliessender Höhepunkt Jo&Erno. Es war magisch!
Zahlreiche Besucher:innen liessen sich an den zwei Festtagen auch von Sascha auf eine Tour guidé entführen. Er präsentierte das Areal und seine Hotstpots, gewürzt mit zahlreichen Infos, Anekdoten und Hintergrundgeschichten.
Wer sich für Schlacht- und Schlachthofgeschichten interessierte, war zudem im Raum Nr. 1 an der richtigen Adresse, wo unter anderem ein 45minütiger Film über den Schlachtbetrieb anno 1990 gezeigt wurde, der immer wieder zu angeregten Diskussionen Anlass gab.
ENDE JULI: CRITICAL MASS ZU BESUCH IM SCHLACHTHOF
«WOHIN?»
Seit kurzem mischt ein neues Kunstwerk die Monotonie der geparkten Motorfahrzeuge auf dem Schlachthofareal auf! Und lässt erahnen, wie sich die Zukunft hier und anderswo auch noch gestalten könnte: Auf dem Kulturparkplatz steht neuerdings ein Gefährt der besonderen Art, das zum Staunen und Nachdenken einlädt – und das in den kommenden Tagen und Wochen weiter wachsen wird...
Für den Parkplatz Nr. 3 auf dem Schlachthofareal hat der Bieler Künstler Ruedy Schwyn die Skulptur „Wohin?“ entworfen. Einem Fahrzeug ähnelnd besteht sie aus einem Tank und einer Plattform, welche durch 4 Köpfe gehalten wird. Aus der Tonne wachsen Pflanzen.
Der Künstler bringt hier 2 Themen zusammen: Die Kraft der Gedanken und die Abhängigkeit der Natur. Wie steht es heute um unser Verhältnis zur Natur? Gibt es eine Verbindung zwischen dem menschlichen Körper, dem Geist und der Natur, die sein eigentliches Zuhause ist?
Ruedi Schwyn antwortet mit Form und Material, konstruiert aus Holz und lässt bildlich Gedanken ins Rollen kommen: Wo geht es mit uns hin? Und wo stehen wir? Und so beschreibt der Künstler seine Arbeit:
« „Wohin?“ war immer wieder eine Grundfrage der menschlichen Richtungs-Entwicklung auf unserem Planeten und beeinflusste damit auch die „wie“- Entwicklungen: Welche Verhaltens- und Technologieschritte bringen gute Zukunft? Das grosse Wachstum der Menschheit und ihre Wie-Entwicklungen führten nun zu wachsenden Klima- und Naturproblemen.
Weil die planetare Natur der Haupttank unseres Lebens ist, baute ich dieses auf Menschenköpfen rollende, parkierte Fahrzeug mit Naturtank in welchem Hibiskus-und Juniperuspflanzen leben. Als Material verwendete ich vom Menschen unterschiedlich bearbeitetes Holz. Aus dem heftigsten veränderten Holz, den verleimten Span-Roh-Standard-Platten sägte ich die Kopfräder, um die Frage zu setzen: Wohin kommen wir mit solchen Naturveränderungen und welchem WOHIN müssen wir unsere Zukunft wählen, um Klima und Natur mit sinnvollem, fruchtbarem WIE zu behandeln?»
Die Menschenprofile, aus einem früheren Projekt stammend, zeigen in unterschiedliche Richtungen. Selten ist eine (Fahrt-) Richtung eindeutig, mal ist ein Spurwechsel angesagt oder wir drehen uns auch mal im Kreis. Wir tragen in unseren Köpfen viel mit uns durchs Leben und beeinflussen durch unsere Gedanken und unser Tun die Umgebung, in der wir leben. Und vor allem: Gedanken wachsen, wie die Pflanzen um uns herum.
„Wohin?“ ist nun mitten auf dem Schlachthof parkiert und kann jederzeit besichtigt werden. Wo bringt uns die Skulptur hin? Und wo stehen wir?
★ Die Bieler Metzgermeister und ihr Schlachthof
Die drastischen Folgen der Betriebseinstellung für die lokalen Metzger
Mittwoch, 22. Juni 2022 – 17 Uhr
RAUM/ESPACE 1
Murtenstrasse 70, 2503 Biel/Bienne
Unsere Gäste: Die Metzgermeister Fritz Marthaler und Kurt Luginbühl kämpften einst mit grossem Engagement für die Erhaltung des Bieler Schlachthofs. Vergeblich. Das bittere Ende des Bieler Schlachtbetriebs besiegelte auch das Ende der traditionellen Fleischbeschaffung aus der Region für die Region...
«Aus der Region – für die Region» heisst heute ein beliebter Slogan. Der Bieler Schlachthof erfüllte einst genau diesen Anspruch: Die Bieler Metzgermeister schlachteten dort Tiere für ihr Geschäft, die sie zuvor auf den Bauernhöfen im Seeland und im Jura selber ausgesucht hatten... So schilderte es ein Bieler Metzgermeister noch Anfang der 1990er Jahre.
Sehr bald sollte sich dies jedoch ändern: Als der Bieler Schlachthof am 27. Oktober 1992 seinen Betrieb für immer einstellte, hatte dies für die Metzger wie auch für die Bauern und die Konsumentinnen und Konsumenten drastische Folgen:
Die lange gepflegte und geschätzte Nähe zwischen Bauernschaft, Schlachtbetrieb und Metzgern fand damit ein jähes Ende. Ein Ende, gegen das sich der damalige Präsident des Bieler Metzgermeistervereins Kurt Luginbühl vehement zur Wehr gesetzt hatte – auf politischer Ebene tatkräftig unterstützt von Fritz Marthaler. Vergeblich.
Um den Bieler Schlachthof weiterzuführen, hätte es grosser Investitionen bedurft. Bereits Mitte der 1980er Jahre habe man darüber diskutiert, erinnert sich Fritz Marthaler, ob der Standort mitten in der Stadt saniert werden solle, oder ob ein Umzug, etwa ins Bözingenmoos, zeitgemässer wäre.
Schliesslich zog die Politik dem städtischen Schlachthof jedoch aus wirtschaftlichen Gründen gänzlich den Stecker.
Was dies für die Metzgermeister bedeutete und wie sich das Geschäft mit dem Fleisch seither verändert hat, schildern die beiden Bieler Urgesteine Kurt Luginbühl und Fritz Marthaler am kommenden Mittwoch, 22. Juni im dritten Oral History-Gespräch auf dem Schlachthof.
Ab 17 Uhr sind sie in der ehemaligen Schlachthofkantine bei Gabriela Neuhaus zu Gast und verraten bei dieser Gelegenheit vielleicht sogar, wie und weshalb der eiserne Muni über dem Schlachthofeingang eines Tages plötzlich verschwunden war....
Fragen stellen ist erwünscht, Zuhörerinnen und Zuhörer sind willkommen!

★ Hot saturday:
Live Graffiti Spray
Event am Samstag, 18. Juni 2022 – ab 16.00 Uhr – nicht verpassen: Es wird bunt! Mit XBROS und Feuergrill.
XBros ist eine Graffiti- und Streetart-Künstler-Gruppe aus Biel.

MITTWOCH, 15. Juni 2022
SCHLACHTHOF-GESCHICHTEN
DER SCHLACHTHOFVERWALTER IM CLINCH
Wie die Politik 1989 das Ende des Bieler Schlachthofs besiegelte
Mittwoch, 15. Juni 2022 – 17 Uhr, Murtenstrasse 70 – 2503 Biel/Bienne
Unser Gast: Robert Wyss von 1985 bis 1992 der letzte Bieler Schlachthofverwalter
Noch während des Studiums jobbte der Bieler Robert Wyss als Fleischschauer auf dem Schlachthof an der Murtenstrasse. Als der damalige Schlachthofverwalter Hugo Keller 1984 unvermittelt starb, bewarb er sich um dessen Nachfolge – und wurde 1985 als neuer Schlachthofverwalter gewählt.
Zeitzeugen berichten, mit wieviel Engagement der junge Tierarzt sich für den Bieler Schlachthof eingesetzt hat. Er traf schon damals auf schwierige Verhältnisse: Die Kuttlerei war veraltet und in einem schlechten Zustand, Investitionen wären nötig gewesen – dafür fehlte jedoch das Geld. Und die Politik war nicht bereit, die für einen Fortbestand des Bieler Schlachthofs nötigen Kredite zu sprechen. Als Betriebsverantwortlicher, der gleichzeitig die Qualität der Arbeit auf dem Schlachthof überwachen musste, habe er ständig mit Interessenskonflikte zu kämpfen gehabt, erinnert er sich. Er hatte aber sowohl zur Politik wie zu den Metzgermeistern in Biel, die bis zur letzten Minute gegen die Schliessungspläne kämpften, einen guten Draht.
Robert Wyss zog dann bereits ein halbes Jahr vor dem Lichterlöschen auf «seinem» Bieler Schlachthof weiter: Wie bereits zuvor in Biel, engagierte er sich in seinem neuen Job auf dem grossen Schlachthof in Basel für die ständige Optimierung des Tierschutzes im Schlachtbetrieb. An seine Zeit in Biel hat er lebhafte Erinnerungen – Schlachthöfe scheinen ein unendliches Geschichtenreservoir zu bieten. Dies wurde bereits am letzten Mittwoch anlässlich des Besuchs von Stephan Häsler deutlich: Nebst vielen spannenden fachlichen Informationen gab es eine Reihe heiterer Anekdoten.
KUNST UND KULINARIK
In diesen Tagen ist viel los, auf dem Schlachthofareal! Am kommenden Wochenende, vom 6. bis 8. Mai ist das Act Performance Festival 2022 der Schweizer Kunsthochschulen in Biel zu Gast – mit zahlreichen Produktionen auf dem Schlachthofareal, darunter auch ein Alphornbläser... Hier geht's zum detaillierten Programm:
Am Samstag, 14. Mai folgt dann bereits der nächste Kulturevent, auf den sich Kunstliebhaber:innen und Schlachthoffans freuen – und den niemand verpassen sollte: Der Kulturparkplatz 3, wo in den letzten Monaten das Urbanoscope von Ritzwirth für Begeisterung gesorgt hat, wird neu bespielt: Chrigel Ryter, dessen Atelier bekanntlich das Schlachthofareal schon lange bereichert, hat in den letzten Wochen alles gegeben, um den Besucher:innen und Passant:innen auf dem Schlachthof einen besonderen Kunsthappen zu bescheren... Damit nicht genug: Nebst Holzskulpturen auf dem Kulturparkplatz, gibt es Holzschnitte an den Wänden von Raum No1: Becke und Ryter, die eine langjährige Freundschaft und Zusammenarbeit verbindet und die immer wieder gemeinsam an Projekten arbeiten, laden gemeinsam zur Vernissage und einer vielversprechenden, lebendigen Ausstellung unter dem Titel «Work in Progress»...
Selbstverständlich – wie es mittlerweile auf dem Schlachthofareal bereits Tradition ist – wird die Vernissage von Chrigel und Becke von Speis und Trank begleitet... Und was die Kulinarik anbelangt, gibt es im Mai auch jeden Mittwoch eine exquisite Mittagsüberraschung – kredenzt von der Feuerköchin Aline Burren.
März 2022:
STADTREGIERUNG WILL SCHLACHTHOF PLATT MACHEN
Anfang März hat der Gemeinderat auf der offiziellen Webseite der Stadt Biel seine Antwort auf unsere Petition «Kulturplatz statt Parkplatz» in Kurzform publiziert. Darin stellt er klar, dass er nicht gewillt ist, auf die Vermietung von Parkplätzen zu Dumpingpreisen zugunsten einer öffentlichen und kulturellen Nutzung des Schlachthofareals zu verzichten. Dies, obschon unsere Petition von über 800 Menschen unterzeichnet worden ist und auch aus der Politik viele unterstützende Stimmen für das Engagement der IG Schlachthof Kulturzentrum zu vernehmen sind.
Der Gemeinderat lässt weiter verlauten, man stehe einer «mietweisen und selbsttragenden Nutzung von bestimmten freiwerdenden Lokalen oder Flächen des Schlachthofareals für kulturelle Zwecke positiv gegenüber». Konkret heisst das: Die IG Schlachthof Kulturzentrum bezahlt für Raum No 1 aktuell der Stadt Biel monatlich einen Mietzins von CHF 475.— Ein stolzer Preis, wie der Vergleich mit vergleichbaren Raumangeboten (rund 60 Quadratmeter in Altbau, ohne Heizung und Tageslicht) zeigt. Im krassen Gegensatz dazu stehen die äusserst günstigen Preise, welche die Occasion-Händler für ihre Parkflächen bezahlen: Auf dem Schlachthofareal bezahlen sie wesentlich weniger als auf einem Areal in Lyss, das sie zuvor gemietet hatten...
Doch damit nicht genug: Im stark verkürzten Text auf der Website der Stadt fehlt der eigentliche Sprengstoff der gemeinderätlichen Antwort:
«Ein längerfristiger Erhalt der Gebäude auf dem Schlachthofareal ist aus ökonomischen Gründen auszuschliessen», steht Schwarz auf Weiss im von Stadtpräsident Erich Fehr und Stadtschreiberin Barbara Labbé unterschriebenen Antwortschreiben, das wir per Post erhalten haben. Und weiter: «Die notwendigen Investitionen in den Erhalt und die Anpassung der Gebäude an die heutigen Anforderungen, insbesondere auch an energetische Standards, würden den Nutzwert um ein Vielfaches übersteigen. Die Grundrisse und die Konzeption entsprechen immer noch der damaligen Nutzung als Schlachthof und müssten für neue Bedürfnisse ebenfalls angepasst werden.»
Mit anderen Worten: Der Gemeinderat erteilt unserer Initiative eine klare Absage und will das Schlachthofareal kurzerhand plattmachen! Dies, obschon auch den Stadtoberen bekannt sein dürfte, dass aktuell ein Verfahren läuft, um das historische Ensemble unter Denkmalschutz zu stellen – weil es sowohl baugeschichtlich wie von der Lage her ein Kleinod ist, das es zu erhalten gilt. Es darf nicht sein, dass dem westastbefreiten historischen Areal nun doch noch der Abrisshammer droht!
Das überwältigende Interesse der Bevölkerung an den Veranstaltungen und Events auf dem Schlachthofareal zeigt das grosse Bedürfnis und Potenzial für ein Begegnungs- und Kulturzentrum im Herzen der Städte Biel und Nidau, in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof.
Der Gemeinderat fantasiert in seiner Petitionsantwort, «das Areal des alten Schlachthofs liegt am Rande des Stadtgebietes» – was nun wirklich völliger Nonsens ist, das weiss er wohl selber. Denn gerade die Lage des Schlachthof-Areals im Kerngebiet Biel/Nidau dürfte die Stadtregierenden dazu bewogen haben, von einer maximal profitablen Überbauung zu träumen. Die Investoren stehen schon in den Startlöchern stehen. Die kommen aber nur, wenn die Stadt Biel den Weg frei macht, indem sie den Schlachthof zur Gänze kaputtschlägt.
Soweit darf es nicht kommen! Gelungene Beispiele auf der ganzen Welt – von Palma di Mallorca über La Chaux-de-Fonds, Kassel oder Rom zeigen, dass sich ehemalige Schlachtareale bestens für eine Umnutzung eignen – und dadurch gleichzeitig das historische Erbe gesichert, sowie die Bedürfnisse einer breiten Bevölkerung abgedeckt werden können.
Wir bleiben dran und kämpfen für den Erhalt und die Umgestaltung «unseres Schlachthofs»! – Mobimo bau anderswo!
März 2022:
DER MUNI IM EXIL

Das hindert den jung gebliebenen Hundertdreissigjährigen jedoch nicht daran, seinem geliebten Schlachthof ab und zu einen Besuch abzustatten und das neue Leben dort mitzugeniessen. Einer seiner Lieblingsort ist der Bücherschrank in der ehemaligen Telefonkabine. Dort findet er immer wieder jemanden, der ihm Geschichten vorliest. So geschehen auch an einem sonnigen Tag Mitte Februar. Im Bücherschrank lag damals ein Exemplar von Franz Hohlers Buch «Der Enkeltrick». Als er damals die Geschichte von den Geburtstagsglückwünschen hörte – das zweite Kapitel im «Enkeltrick-Buch» – hatte unser Muni eine einmalige Idee: Er schickte seinerseits Franz Hohler eine Geburtstagskarte mit seinen besten Wünschen und einer Einladung auf den Schlachthof! Schliesslich, so dachte der Muni, wurde ja auch Franz Hohler in unserer schönen Stadt am Jurasüdfuss geboren und freue sich deshalb bestimmt über ein Wiedersehen und das Erkunden des Schlachthofareals seiner Geburtsstadt...
Natürlich hoffte der Muni voller Spannung auf eine Antwort des Gebutstags-Beglückwünschten. Die liess auch nicht lange auf sich warten. Und siehe da: Franz Hohler liess dem Muni mitteilen, er komme demnächst tatsächlich nach Biel! – Leider wird er seine Schritte aber nicht auf den Schlachthof lenken, sondern in die andere Richtung: Am 27. April liest der Eingeladene in der Buchhandlung Lüthi aus seinem Enkeltrick.
So wird es wohl zu keinem Treffen mit dem Muni kommen, denn der ist und bleibt auf dem Schlachthof daheim. Zudem will er, sofern es sein Zustand erlaubt, an diesem Tag eh lieber einen Frühlingsausflug auf sein Areal unternehmen.
Just an diesem Tag nämlich – noch bevor Franz Hohler an der Nidaugasse sein Buch aufschlagen wird – gibt es auch auf dem Schlachthof Geschichten zu hören. Ganz besondere, noch nie gehörte Geschichten: Am 27. April laden nämlich die IG Schlachthof Kulturzentrum und Ueli Schärrer zur zweiten Oral History-Veranstaltung ein: Ab 17 Uhr wird der ehemalige Schlachthofmitarbeiter seine bewegenden Schlachthof-Geschichten erzählen – und unsere Fragen beantworten...

JETZT MITGLIED WERDEN!
Es hat klein und bescheiden angefangen : Ein paar Menschen aus dem Quartier und der Stadt Biel haben sich zusammengetan, um das Areal des ehemaligen Bieler Schlachthofs zu neuem Leben zu erwecken. Wir haben die IG Schlachthof Kulturzentrum gegründet und im Mai 2021 zu einem ersten Infoanlass eingeladen.
Beflügelt vom grossen Interesse an dieser ersten Veranstaltung – wir zählten mehrere Hundert Besucher:innen – folgten weitere. An einem sonnigen Sonntagnachmittag rollten unter dem Motto «Boules et Pastis» die Kugeln. Die Baronello-Halle öffnete ihre Tore für Architektur- und Kunstausstellungen, im Openairkino versammelte sich tout Bienne und Umgebung im Innenhof zu PianoPianoklängen, am Jubiläumsfest jagten sich kulinarische und musikalische Höhepunkte. Und der längst verschollen geglaubte Schlachthofmuni tauchte plötzlich wieder auf!
Mit der Miete von Parkplatz 3 hat die IG im Sommer 2021 ein erstes Zeichen für mehr Kultur anstelle von Autos auf dem ehemaligen Schlachthofareal gesetzt. Im November dann kam die ehemalige Kantine dazu. Wir haben sie Raum 1 genannt – weil sich über kurz oder lang weitere Räume und Hallen in Kultur- und Begegnungsorte verwandeln werden.
Dafür braucht es aber ein Minimum an Geld und Organisation: Die Miete für die Räume will bezahlt sein, die Flyer und Plakate für die Promo müssen gedruckt werden, Künstler:innen sollen eine Gage erhalten... Auch wenn vieles in Freiwilligenarbeit möglich ist – ganz ohne Mittel kommen auch wir nicht aus.
Deshalb haben wir einen Verein gegründet, wo alle, die sich für den Erhalt und die Neubelebung des historischen Schlachthofareals engagieren wollen, ab sofort Mitglied werden können.
Mit einem bescheidenen Jahresbeitrag, dessen Höhe jede und jeder selbst bestimmt, ist man dabei. Es braucht halt eine gewisse finanzielle Basis, damit wir auch in diesem Jahr die Mieten stemmen und weitere Flächen in Kultur- und Begegnungsräume transformieren können.
Je mehr Mitglieder den Verein IG Schlachthof Kulturzentrum unterstützen – ob finanziell oder auch durch eigene Inputs und Freiwilligenarbeit – desto bunter wird auch das Programm. Temporäre Skulpturen statt Autos auf dem Parkplatz Nr. 3, Improvisationstheater, Konzerte, Openairkino, Akrobatikkunst, Literaturperformances, Graffiti Battles und immer wieder inspirierende Ausstellungen im Raum 1...
Deshalb schon jetzt: DANKE für dein Mitwirken – und für all jene, die trotz allem lieber nicht einem Verein beitreten wollen: Auch Spender:innen ohne Vereinsmitgliedschaft sind selbstverständlich willkommen!
Und hier kannst du dich gleich anmelden und Mitglied werden: