Am 3. September 2022 -
ein besonderes Kultur-Ereignis
im Schlachthof Biel

Film- Uraufführung

KLANGWUNDER AUS BIEL

Die Bieler Klavierfabrik Burger & Jacobi ist längst Geschichte. Nur noch die Pianostrasse in Biel erinnert an den Standort der einst legendären Pianomanufaktur. Überlebt hat hingegen ein Dokumentarfilm aus dem Jahr 1929, der am 3. September 2022 im Schlachthof-Kulturzentrum – digital restauriert – erstmals öffentlich gezeigt wurde.

Text: Gabriela Neuhaus Faszinierende und berührende Bilder aus einer anderen Welt: Arbeiter giessen glühendes Metall in vorgefertigte Formen, ein Schreiner hobelt von Hand einen Steg, Saiten werden gespannt – aus Eisen und Holz entsteht Schritt für Schritt ein Klavier... Die bewegten Bilder wurden Ende der 1920er Jahre in der Bieler Klavierfabrik Burger & Jacobi gedreht. Der knapp einstündige Dokumentarfilm ist ein wertvolles Zeitdokument aus der Bieler Industriegeschichte, das erst kürzlich entdeckt und nun digital restauriert wurde. Am 3. September 2022 erlebte das Werk auf dem Schlachthofareal in Biel seine digitale Welturaufführung begleitet von Klaviermusik und mit Fachwissen kommentiert von einem Klavierbauer, der seinen Beruf bei Burger und Jacobi gelernt hat... Burger & Jacobi – einst die grösste Klavierfabrik der Schweiz und über die Landesgrenzen hinaus berühmt für den besonderen Klang ihrer Instrumente – ist längst Geschichte: Die Firma ging 1991 in Konkurs, 2009 wurde die ehemalige Pianofabrik abgerissen. Jahrelang ruhten die Filmrollen in den originalen Filmdosen sorgfältig verpackt im Atelier von Ulrich Hafner in Nidau. Der Klavierbauer hatte sie, zusammen mit zahlreichen weiteren Erinnerungsstücken, nach dem Konkurs der Bieler Klavierfabrik Burger & Jacobi vor der Vernichtung gerettet. Lange schon hätte er gerne gewusst, was auf den 35mm-Filmrollen zu sehen wäre und aus welcher Zeit sie datierten.  Zwar waren  sie mit Etiketten der Firma Konrad Lips, Filmfabrikation Basel versehen und der Aufschrift «Burger & Jacobifilm». Sonst nichts, keine Jahrzahl, keine weiteren Inhaltsangaben, nichts.

 

Eine nähere Betrachtung des Zeitungspapiers, in das eine der Rollen eingewickelt war, schürte die Neugier weiter: Es datierte aus den 1930er Jahren. Also musste auch der Film aus dieser Zeit stammen...

Um das Geheimnis endlich zu lüften, wandte sich Ulrich Hafner schliesslich an den Verein «Lichtspiel» in Bern. Dieser ist spezialisiert auf die Sicherung und Konservierung von historischem Filmmaterial. Brigitte Paulowitz, die Leiterin der Lichtspiel-Filmsammlung, nahm sich der Restaurierung an, nicht zuletzt, weil ihr bekannt war, dass die Firma Konrad Lips in den 1930er Jahren zu den renommiertesten Filmproduzenten der Schweiz gehörte.

Weitere Recherchen haben ergeben, dass der Film höchstwahrscheinlich um 1929 gedreht wurde. Dies lässt sich aus einem Eintrag in der Bieler Chronik vom 22. Mai 1949 schliessen: «Vor Fachverbänden des Klavierbaus, Presse, Behörden und Gästen spricht Hermann Jacobi über die Bedeutung des Klavierbaus in unserem Lande, veranschaulicht durch einen vor 20 Jahren gedrehten Stummfilm.»

 

 

Was genau Anlass gegeben hat, um den professionell hergestellten Film in Auftrag zu geben, darüber lässt sich rätseln. Etwa weil die im Jahr 1882 in Madretsch gegründete Fabrik Burger & Jacobi am 16. September 1929 ihr 25'000. Klavier ausliefern konnte. Oder war er zum Gedenken an den im November 1928 verstorbenen charismatischen Firmengründer Hermann Emil Jacobi-Burger gedacht?

Wie auch immer: Der Film ist eine einmalige Trouvaille in schönstem Schwarzweiss! Die gesicherte und digital restaurierte Filmkopie kann nun endlich, bald hundert Jahre nach Entstehung des Films, dem Publikum faszinierende Einblicke in die Produktion von Pianos, made in Biel, bieten.