DIE ZEIT IST REIF

Am 15. Mai 2023 präsentierte das Studio WOW seine Vision für eine sanfte Transformation des Bieler Schlachthofareals in ein Kultur- und Begegnungszentrum: Statt Parkplätze und Occasionhandel ein inspirierender Neubau mit Bistro, Co-Working-Räumen und viel Platz für lebendige Nutzungen und Kreativität.

Ein konkreter Vorschlag, der vor Augen führt, welch grosses Potenzial die Stadt vergibt, solange sie die Freiräume auf dem Schlachthofareal bloss als Abstellraum für Autos vermietet und die historischen Gebäude als Lagerhallen verkommen lässt.

Schon bald werden weitere inspirierende Vorschläge auf dem Tisch liegen, die in die gleiche Richtung wie der Vorschlag der Bieler Architekten zielen: 40 Studierende des Studiengangs BA Architektur der Berner Fachhochschule BFH arbeiten im Moment im Rahmen ihrer Bachelorthesis an Entwürfen für ein «Haus der Musik» auf dem Schlachthofareal.

«Soziale Innovation sucht nach sozial nachhaltigen Weiterentwicklungen der Gesellschaft», lautet die Aufgabenstellung für die Bachelor-Arbeit. «Im Rahmen der Thesis werden Sie sich mit einem Raumangebot für eine Vielzahl von Menschen in der Gesellschaft befassen. Es geht um Räume, die der Musik gewidmet sind. Gefragt ist die Entwicklung eines Ortes, wo Musik in unterschiedlicher Ausprägung im Zentrum steht.»

Ein Projekt, ganz im Sinn der IG Schlachthof Kulturzentrum, die sich mit ihren Aktivitäten und Aktionen dafür engagiert, dass sich das Areal zu einem lebendigen Zentrum für Kultur und Begegnung entwickelt.

Anlässlich der Kick-off-Veranstaltung vom 8. Mai auf dem Schlachthof zeigten sich die Studierenden begeistert vom Potenzial des Areals und von der Aufgabe, die sie in den kommenden Wochen zu lösen haben. «Was für tolle Gebäude, da möchte ich am liebsten gar nichts dazu bauen, sondern das Ganze klimagerecht und sorgfältig sanieren», sagte einer der Teilnehmenden.

Ein anderer bemerkte: «In meiner theoretischen Arbeit habe ich den Progr in Bern und das Gurzelenareal betrachtet. Dort haben, ähnlich wie hier, Akteurinnen und Akteure etwas in Bewegung gesetzt... Mir wird immer mehr bewusst, dass ich als Architekt nichts völlig Neues erfinden, sondern auf die Ideen und Bedürfnissen der Menschen hören muss, damit es gut kommt...»

Erfreut waren die Studierenden, als sie hörten, dass die Musik auf dem Schlachthof bereits angekommen ist. Vom Bandraum im Tybolin-Häuschen über zahlreiche Konzerte bis zum Übungslokal der Tschaupi-Fasnachtsclique gibt es ja schon eine breite Bandbreite unterschiedlicher Sounds auf dem Areal.

Bereits vor zwei Jahren hatten Studierende der Hochschule für Technik und Architektur in Fribourg im Rahmen einer Bachelorarbeit Entwürfe für die Transformation des Schlachthofareals erarbeitet. Sie hatten damals die Aufgabe, auf dem 8000 Quadratmeter grossen Areal eine Bauschule zu bauen. Die Bandbreite der Lösungsvorschläge reichte damals vom Erhalt der historischen Gebäude und deren Verdichtung bis zur Tabula rasa-Lösung mit einer totalen Neuüberbauung.

Diese Stossrichtung steht bei den aktuellen Bachelorarbeiten nicht zur Debatte: Diesmal ist der Projektperimeter auf die 2'435 Quadratmeter grosse Fläche der heutigen Autoabstellplätze beschränkt. In der Aufgabenstellung heisst es ausdrücklich: «Die Gebäude des ehemaligen Schlachthofs sind unverändert zu belassen. (...) Der Baumbestand muss erhalten bleiben und keine Bauvorhaben sind im Kronenbereich der Bäume zu projektieren.»

Im Zentrum steht ein nachhaltiger Ansatz – gleichzeitig müssen die Studierenden im Neubau auf dem Parkplatz ein anspruchsvolles Raumprogramm bewältigen: Nebst einem Konzertsaal mit Backstagebereich und Bar sollen im künftigen Haus für die Musik auch Wohnungen für die Unterbringung von Musiker:innen in Residenz sowie in Verbindung mit den Wohnungen auch Musikateliers sowie Gemeinschaftsbereiche.

Ende Juni ist Abgabetermin für die Bachelorarbeiten. Man darf gespannt sein, was für Vorschläge die Studierenden präsentieren werden.

Eines steht bereits heute fest: Die Vorgaben für das «Haus für die Musik» und die Vision vom Studio WOW zielen nicht nur in die gleiche Richtung, sie schlagen auch einen auffallend ähnlichen Lösungsansatz vor: Ein Neubau als Katalysator, welcher der Entwicklung des historischen Areals hin zu einem lebendigen Zentrum den notwendigen Schub verleihen soll.

Vorschläge, die es verdient haben, ernst genommen zu werden. Sie zeigen Möglichkeiten und Wege, wie das grosse Potenzial des Schlachthofareals endlich richtig genutzt werden könnte: Mit einer vergleichsweise bescheidenen Startinvestition in einen Neubau, wo einst Kuttlerei und Stallungen standen, kann das Areal Schritt für Schritt in ein lebendiges Kultur- und Begegnungszentrum transformiert werden, das weit über die Stadtgrenzen hinausstrahlt.

 

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